Es sind die Gesetze, die arm machen - zu diesem Schluss
kommt die Nationale Armutskonferenz. Und: Wer arm ist, bekomme in Deutschland
immer weniger Chancen, der Armut zu entfliehen, heißt es in einem Bericht der
Experten.
"Armut ist politisch gewollt" - es seien die
Gesetze, die Niedriglöhne ermöglichten und die einen Hartz-IV-Regelsatz von
derzeit 374 Euro festlegten, "der arm macht und nicht aus der Armut
heraushilft", sagte Michaela Hofmann von der Nationalen Armutskonferenz
bei der Präsentation des Berichts. Die NAK ist ein Zusammenschluss von
Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und Betroffeneneinrichtungen.
Wer arm ist, bekomme in Deutschland zudem immer weniger
Chancen, der Armut zu entfliehen, so Hofmann weiter. Die Zahl der von relativer
Armut Betroffenen habe sich in den vergangenen Jahren zwar nicht mehr erhöht,
sondern sei konstant bei 14 bis 16 Prozent der Bevölkerung geblieben. Das sind
zwischen 11,5 und 13 Millionen Menschen. Dies sei aber kein Erfolg,
"sondern ein Skandal, dass sich die Armutszahl auf einem so hohen Niveau
eingependelt" habe. Als arm gilt, wer über weniger als 60 Prozent des
mittleren Einkommens verfügt.
NAK: Regierungsbericht verschleiert
Die NAK ging vor die Presse, weil die Bundesregierung
ursprünglich am Mittwoch im Kabinett ihren umstrittenen 4. Armuts- und
Reichtumsbericht verabschieden wollte. Dies wurde aber auf Anfang 2013
verschoben. Der Regierungsbericht hatte Schlagzeilen gemacht, weil in der
Ressortabstimmung auf Betreiben des Wirtschaftsministeriums kritische Passagen
zum Auseinanderdriften von Arm und Reich gestrichen wurden.
Die Armutskonferenz warf der Regierung vor, der Bericht
trage noch mehr als in der ersten Fassung zur Verschleierung der sozialen
Situation bei. So seien etwa kritische Einschätzungen zur Situation von
Alleinstehenden gestrichen worden, sagte NAK-Geschäftsführerin Carola Schmidt.
Auch sie betonte: "Armut ist in Deutschland eine politische
Entscheidung."
Armut trotz Erwerbstätigkeit
Völlig unerwähnt bleibe in dem Bericht, dass sich die Armut
verfestigt habe, sagte der Armutsforscher Walter Hanesch von der Hochschule
Darmstadt: "Die Chancen haben sich entscheidend verschlechtert, aus der
Armut wieder entkommen zu können." Auch auf die Situation der prekär
Beschäftigten und der Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich werde nicht
eingegangen.
"Ebenso bleibt ausgeblendet, dass das Risiko der Armut
durch Arbeitslosigkeit zunehmend ersetzt wird durch Armut trotz
Erwerbstätigkeit", kritisierte Hanesch. Die Regierung gehe auch mit keinem
Wort darauf ein, dass in den kommenden Jahren "eine dramatische Zunahme
der Einkommensarmut im Alter absehbar" sei.
Quelle: reuters, dpa
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