Mittwoch, 9. November 2011

Interkultureller Garten nach Billstedt


Mittlerweile gibt es sie sogar in den USA, die Interkulturellen Gär-ten, in der Schweiz und Österreich, und natürlich auch bei uns in Deutschland. Zwei davon sogar in Hamburg. Doch nimmt man es ganz genau, begann die Aera der Interkulturellen Gärten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und zwar vor rund 30 Jahren, in New York. Nur das Ziel, damals, war ein etwas anderes.


Also, es war einmal in Amerika, da gab es in New York noch zahl­reiche Brach­flächen in benach­teiligten und ausgegrenzten  Stadt­teilen, die zu nutzbaren Garten­flächen umgestal­tet werden sollten. Auch der Anbau von Gemüse war geplant, der primär dazu führen sollte, dass ein Teil der Selbst­versorgung ge­währleistet war. Zu-dem war es gewünscht, dass nach-bar­schaft­liche Beziehungen zwi-schen den Menschen entstehen. Der soziale Friede sollte dadurch ge­för­dert wer­den. Dieses Projekt erwies sich, wie erhofft, als höchst erfolg­reiche Strategie, die tat­säch­lich zur Verminderung von schwe­len­den Konflikten in sozial be­nachtei­lig­ten Bezirken führte.

Nach diesem Vorbild entwickelte sich die Idee der interkulturellen Gärten auch in Deutschland. 1996 ent­stand in Göttingen der, von bos­nischen Flüchtlings­frauen ini­ti-ierte, erste Interkulturelle Garten. Es sollten da im Beson­deren Fami-lien mit Migrations­hinter­grund und Flücht­linge ange­sprochen werden. Diese Idee war widerum so­ erfolg-reich, dass sich das Ge­dankengut der Inter­kulturellen Gärten in ganz Deutsch­land aus­breitete. Heute steht geschrieben, dass der Inter-kulturelle Garten eine g­e­mein-schaftliche, meist ökolo­gische An-lage ist, die von Mi­gran­ten ver-schiedener Her­kunft, Ethnie und Religion sowie von Ein­heimischen bepflanzt werden soll. Das Parade-beispiel für einen funktionierenden Inter­kulturellen Garten ist in Wil­helms­­burg zu bewundern. Dieser entstand 2008 mit 77 weiteren Gärten in 54 Städten. Zu Recht, wie wir finden, denn Wilhelms-burg ist mit fast 50.000 Menschen aus 40 Nationen und über 35 Qua-dratkilo­metern, der Flächenmä­ßig größte Stadtteil Hamburgs. Da ist ein Inter­kul­tureller Garten eigent-lich viel zu wenig.

Jetzt soll auch in Billstedt einer entstehen. Jedenfalls haben sich das Elisabeth Thun, 1. Vorsitzende des Interkulturellen Garten in Billstedt e.V., Uwe Böhm, 2. Vorsitzender und Friedrich Wilhelm Kröger, Schatzmeister und Stifter der Carsten Kröger Stiftung vor über einem Jahr zur Lebensaufgabe ge­macht. Zur Lebensaufgabe des­halb, weil es wahrscheinlich leich­ter ist, zum Teil die Elbe zuzu­schütten und Obstbauern zu enteignen, damit Flugzeuge besser starten und lan-den können, als einen Interkultu-rellen Garten in einem Stadtteil, dessen Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund bei fast 50 Prozent liegt, ins leben zu rufen. Was liegt da eigentlich näher, als einen solchen Garten anzulegen, damit es wie damals in New York zum Beispiel zur Ver­min­derung von schwelenden Kon­flikten in sozial benachtei­lig­ten, und das ist Billstedt nun mal, Bezirken führt.

Was ist der Grund, dass sich alles so lange hinauszögert hat? „Ein Grund war sicherlich,“ so Uwe Böhm, „zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Ansprechpartner zu finden.“ Die 1. Vorsitzende des neu gegrün­deten Vereins, Elisabeth Thun drückt es noch vorsichtiger aus: „Im Grunde genommen wollen es ja alle. Wir haben ein wunderbares Grund-stück dafür ausgesucht, dass nur noch geprüft wer­den muss, ob sich dort viel­leicht noch eine höchst seltene Pflanze wohlfühlt, die es zu schütz­en gilt, nebenan befindet sich eine Schule, die beispiels­weise den Biologieun­ter­richt in die Gärten verlegen könnte, und auf der anderen Seite befindet sich das Flüchtlingslager Matt­kamp, deren Menschen gleich mit einbezogen werden könnten.“

„Was will man eigentlich mehr?“ fragt da noch der Schatzmeister des Vereins, Friedrich Wilhelm Kröger. Diese Frage stellt sich tatsächlich, denn die Idee ist einfach nur gut. Sollten aber doch noch alle Stricke reißen, mit anderen Worten, sich tatsächlich noch gewichtige Argu-mente hervortun, die dieses Projekt auf dem ausgesuchten Grundstück nicht zulassen, sucht man parallel schon nach Alternativflächen, die von der Behörde sogar angboten werden. Schön aber wäre es, wenn die Entscheidung nicht nur für dieses Grundstück, sondern auch noch so schnell wie möglich fallen würde, denn es gibt viel zu tun auf dem 7500 Quadratmeter großen Grundstück, das noch Landschafts-schutzgebiet ist, von den Bürgern im Moment allerdings hauptsäch-lich als Müllabladeplatz oder als Hundeklo genutzt wird. Natürlich muss es Flächen geben, damit unsere vierbeinigen Freunde ihren Auslauf haben und ihre dringenden Geschäfte verrichten können, „aber,“ so Elisabeth Thun, „wir wollen von dem großen Kuchen ja nur knapp 2.000 qm beackern. Die würden in zirka 80 bis 90 ungefähr 20 qm kleine Parzellen aufgeteilt werden, auf denen dann, natürlich unter ökologischen Gesichtpunk-ten, jeder anpflanzen kann, was er will. Über 20 Mitglieder haben wir schon, obwohl noch gar nicht klar ist, wo der Garten sein wird.“

Schön wäre es, und so ist es auch geplant, wenn sich jeder Betreiber eines kleinen Gartens ein bisschen alte Heimat in die neue Heimat holen wird. Natürlich unter Berücksichtigung unserer nord­deutschen klimatischen Verhält­nisse. Denn nicht überall wächst zum Beispiel ein Olivenbäum­chen.“ Uwe Böhm, der in seinem anderen Leben Liedermacher und als zugewählter Bürger im Regionalausschuss für die GAL tätig ist, fügte hinzu: „500 qm bräuchten wir dann noch für allgemeine Einrichtungen, wie Unterstellplätze, falls es doch mal regnen sollte, außerdem für Geräteschuppen, Toiletten und Grillplatz etc. Dafür wären uns im Moment Förder­mit­glieder beson­ders willkommen, denn mit zwei Euro Monatsbeitrag kommt man nicht allzu weit.“ Schatzmeister Friedrich Wilhelm Kröger ergänzt: „Vielleicht findet sich ja  auch noch der eine oder andere Spender. Schön wäre es, zumal die Spenden von der Steuer ab­setz­bar sind.“

Wir vom Hamburger Wochenblatt finden nicht nur diesen Gedanken der Völkerverständigung char-mant und förderungswürdig, auch ist das ausgesuchte Grundstück da-für hervorragend geeignet. Die Vorstellung, dass sich in diesem Interkulturellen Garten Kinder und Jugendliche treffen, erwachsene Menschen aus den verschiedenen Kulturkreisen miteinander kom­munizieren, vielleicht geerntetes  kochen und gemeinsam essen, sich gegenseitig unterstüt­zen und feiern, ist einfach phä­nomenal. Und mal ganz ehrlich, sollte sich auf diesem Grundstück tatsächlich ein seltenes, schützens­wertes Mauer­­blümchen befinden, so findet dieses Pflänzchen sicher in den neu angelegten Gärten ein Plätzchen. Wäre doch gelacht, wenn nicht. Mike Neschki

Wer Interesse an einem kleinen Grundstück hat, meldet sich unter

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