Donnerstag, 9. Februar 2012

Hornbachveranstaltung



„Haben Sie schon davon gehört?“ Mit dieser Frage auf einem Handzettel lud der Baumarkt Horn­bach am 9. Februar 2012 die An­wohner der zirka fünf Hektar großen Grünfläche an der Glinder Straße, Ecke Oststeinbeker Weg ein, um ihr geplantes Bauprojekt vorzu­stellen. Der Zeitpunkt der Ein­ladung verbunden mit der oben genannten Frage ließ vermuten, dass der Konzern die Anwohner für Analphabeten oder für taub hielt.


Höchst bemerkenswert war auch der Umstand, dass schon bei der Vor­stellung des Projektes mit For­mulierungen gespielt wur­de, die sich als Verulkung am Bürger herausstellten und nur als boshaft verstanden werden konn­ten. Da steht auf dem verteilten Flyer geschrieben, dass der Kun­denver­kehr über eine Zu- und Ab­fahrt am Ost­steinbeker Weg erfolgen soll, die Anlieferung der zu ver­kaufenden Ware aber an der Glin­der Straße vorgesehen ist. Wäh­rend der Veranstaltung musste Hornbach eingestehen, dass nur das Vertei­lungs­lager an der Glinder Straße steht, die Anlieferung aber auch über den Oststeinbeker Weg erfolgen soll. Der Unmut der Bür-ger war also eingeplant – vielleicht um von anderen Din­gen abzulenken oder aber die Formulierung war einfach nur sehr ungeschickt gewählt. Ganz sicher dumm formuliert war die Aussage, dass der Osten Hamburgs, also Bill­stedt, an den Gewerbe­steu­erein­nahmen par-tizipieren wird. Das ist falsch. Besser wäre es gewesen, diesen Punkt einfach wegzulassen, denn Hamburg ist als Stadt­staat eine Kommune, und von daher fließen die Ge­werbe­steuern in den Gesamt­haushalt, egal an welchen Stellen diese erhoben werden,“ so jedenfalls Daniel Stricker, Pres­se­sprecher der Ham­bur­ger Finanz­behörde.

Wie auch immer. Die Verantwort­lichen Hornbachs planten mit rund 80 interessierten Besuchern, tat­sächlich platzte der Saal mit gut 250 Besuchern fast aus allen Nähten. Plakate mit Unmutsäußerungen wie: “Wir brauchen keinen Hornbach“ oder “Nicht noch mehr Verkehr“, wurden hochgehalten, und der Mann vom Baumarkt wurde bei seiner – mit Verlaub – unnö­tigen und übertriebenen Konzern-Präsentation ständig unterbrochen. Das Blut der Bürger kochte an diesem Abend langsam aber sicher über. Stimmen von Mitarbeitern des Be­zirksamtes Hamburg Mitte lauteten: „Der Mann ist überfordert!“ und „Wir müssen was tun!“

Auch der Leiter des Fach­amtes für Stadt- und Landschafts­planung, Michael Mathe, war er­schienen, der daraufhin das Mikrofon übernahm und die Fragen der Bürger zugegebener Maßen relativ souverän beantwortete. Irgendwann wurde dann auch SPD-Mann Frank Ramlow, der sich unter den Zuschauern befand, aufgefordert sich persönlich zu äußern. Zu sagen, was er von der Sache hält. Das tat er nicht, sondern gab nur zu verstehen, dass Fragen besser von Michael Osterburg aus der GAL-Fraktion Hamburg Mitte, der auch Vorsitz­ender des Bauausschusses ist, be­antwortet werden können. Bitter. Dieser erklärte den Anwohnern, dass ins­gesamt noch keine fundierte Mei­nung vorherrscht und alles noch geprüft werden wird. Das hatte zur Folge, dass sich die Vertreter aller anderen Billstedter Parteien auch noch äußern mussten. Nicht mit Inhalten sondern ausschließ­lich mit Bestätigungen ihres Vorredners und der Tatsache, dass sie anwesend waren.

Zur Belustigung und großen App­laus führte die Rede ei­nes An­wohners, der auf die Aussage Hornbachs einging, dass mit dem Bau des Marktes eine Bedarfslücke gefüllt werden würde. Der Mann zählte über ein Dutzend Bau- und Handwerkermärkte der Umgebung Billstedts auf, die jetzt schon existieren und unter Ein­haltung der bestehenden Verkehrs­regeln alle innerhalb kürzester Zeit zu erreichen wären. Nicht lustig dage­gen war die Aussage eine Be­wohners dieser Gegend, dass dieses Gebiet doch kontaminiert sei und darauf eigentlich überhaupt nichts gebaut werden sollte, jedenfalls nicht, solange der Boden nicht abgetragen ist. Das war einigen Anwohnern anscheinend nicht bekannt.

Quintessenz und Tenor dieser Veranstaltung war, dass Hornbach, wie behauptet, sicherlich kein Highlight in Billstedt werden wird, die Anwohner aber hauptsächlich, in diesem Falle berechtigte, Be­den­­ken bezüglich des Verkehrsauf­kommens haben. Zudem auch Angst vor Verlust der Wohnquali­tät verbunden mit der Besorgnis, der unter Umständen auftretenen Wertverluste ihrer Grundstücke. Nur ein einziges Mal tauchte die Frage der ökologischen Problematiken auf. Leider.

Zu hoffen ist, dass die Worte Michael Mathes: „Alle ge­nannten Bedenken werden aufgeschrieben und sind zudem in meinem Kopf,“ nicht in Vergessenheit geraten. Außerdem würde alles ausgiebig geprüft werden und auch, dass bis heute definitiv noch keine Ent­scheidung gefallen sei. „Aber Fakt ist,“ so Michael Mathe weiter, „dass Hamburg eine wachsende Stadt ist.“ Dies meinte er sicherlich rein ökono­misch und, „dass das Pech des Bezirks Hamburg Mitte ist, dass es in der Mitte von Hamburg liegt und Grundstücke dort nun einmal rar sind.“ Beachtliche Feststellung. Da stellt sich doch glatt die Frage nach einem Nordstaat. Doch soll jetzt erst einmal die Frage geklärt werden, wie wichtig es ist, dass dieses Grundstück unbedingt bebaut werden muss und überhaupt darf, und ob sich die Anwohner genug Gehör verschafft haben. Alles andere kommt dann automatisch. Mike Neschki

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