Wer privat vorsorgt, hat später die Wahl: Entweder er erhält
alles auf einen Schlag oder nach und nach als Rente. Die meisten wollen eine
lebenslange Rente statt einer Einmalzahlung. Das ist nicht immer klug.
Die staatliche Rente allein reicht im Alter nicht aus, das
hat sich mittlerweile herumgesprochen. Viele Menschen schließen deshalb
zusätzlich eine private Rentenversicherung ab. Geht man in Ruhestand, zahlt sie
jeden Monat ein garantiertes Einkommen, solange man lebt. Es gibt aber noch
einen zweiten, weniger bekannten Weg: Die Sparer können sich ihr ganzes
Vermögen aus der privaten Rentenversicherung auch auf einen Schlag auszahlen
lassen.
Test: Welcher Rententyp sind Sie?
Was besser ist, die monatliche Rente oder eine Einmalzahlung,
ist gar nicht so leicht zu entscheiden. Denn es hängt von einer Frage ab, die
wohl niemand beantworten kann: Wie lange werden wir leben? Menschen, die eine
private Altersvorsorge abgeschlossen haben, stehen also vor einem Dilemma:
Entweder sie lassen sich alles auf einen Schlag auszahlen - dann riskieren sie,
dass sie mit 88 Jahren zwar noch putzmunter sind, ihr Erspartes aber schon
aufgebraucht ist.
Sicherheit hat einen hohen Preis
Oder sie lassen sich die Rente monatlich auszahlen. Dann
können sie zwar sicher sein, dass alle vier Wochen bis zu ihrem Tod die gleiche
Geldsumme auf ihrem Konto landet - egal wie alt sie werden. Aber für diese
Sicherheit zahlen die Rentner einen hohen Preis. Denn die Versicherer
kalkulieren mit sehr hohen Lebenserwartungen - das drückt die monatliche
Auszahlung. Kritiker sagen sogar: So alt könne man gar nicht werden, dass sich
die monatliche Rente lohne. Stirbt der Rentner früh, ist das Vermögen für die
Erben außerdem futsch.
Trotz solcher Nachteile war in der Forschung bislang aber
unumstritten: Wer rational handelt, muss die lebenslange Rente wählen. Denn nur
so können sich Menschen gegen das Risiko absichern, dass sie länger leben, als
ihr Geld reicht. Wie aber verhalten sich die Sparer nun in der Praxis? Das
erforscht Martin Weber, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität
Mannheim.
Gute Gründe für die Einmalzahlung
Exklusiv für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und
Faz.net hat er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Philipp Schreiber einen
Fragebogen entwickelt, um herauszufinden, was den Versicherten wirklich lieber
ist. Rund 2370 Leser dieser Zeitung nahmen im Internet an der Umfrage teil. Das
Ergebnis: 42 Prozent der Teilnehmer wollen die Einmalzahlung und nur 58 Prozent
die monatliche Rente.
58 Prozent bevorzugen die monatliche Rente
Heißt das, fast die Hälfte unserer Leser handelt
unvernünftig? Nicht unbedingt, meint Weber. Denn schaut man sich die Daten
genau an, gibt es für einige gute Gründe, die Einmalzahlung zu bevorzugen. So
lassen sich Teilnehmer, die sich in Finanzthemen gut auskennen, lieber das
ganze Vermögen auf einmal auszahlen. Das ist rational, denn wahrscheinlich
können sie das Geld selbst gewinnbringender anlegen, als es die
Rentenversicherung für sie tun würde. Eltern von zwei Kindern entscheiden sich
ebenfalls öfter für den ganzen Batzen als kinderlose Paare.
Auch das lässt sich nachvollziehbar erklären: Denn wollen
sie ihren Kindern ihr Vermögen vermachen, falls sie früh sterben, müssen sie
die Einmalzahlung wählen. Außerdem können ihre Kinder sie im Alter finanziell
unterstützen, falls das Geld wirklich aufgebraucht sein sollte.
Sich selbst auf die Schliche kommen
Vieles machen wir entlang unserer Präferenzen also durchaus
richtig. Es gibt aber auch Fallstricke: Wer gerne Risiken eingeht, der möchte
lieber alles auf einmal haben.
Das heißt aber nicht, dass es für ihn die richtige
Entscheidung ist: Denn möglicherweise überschätzt er seine Fähigkeiten bei der
Geldanlage. Glaubt jemand, dass er nicht lange lebt, möchte er ebenfalls die
Einmalzahlung.
Was aber, wenn er sich irrt? Besonders ein Ergebnis hat die
Mannheimer Forscher überrascht: Fast 68 Prozent der Teilnehmer bis zum Alter
von 30 Jahren wollen lieber die Rente, Befragte kurz vor dem Ruhestand
favorisieren aber zu 56 Prozent den großen Geldbetrag - und das, obwohl alle
anderen Effekte schon herausgerechnet sind.
Weber erklärt das folgendermaßen: Für den Dreißigjährigen
liegt der Ruhestand noch so weit in der Zukunft, dass er die langfristigen
Vorteile der Rente stärker im Blick hat. Wer kurz vor der Rente steht, sieht
nur gierig den großen Batzen und will ihn lieber sofort als später. Um sich
selbst auf die Schliche zu kommen, hat Weber einen Trick parat: „Fragen Sie
sich: Würden Sie heute mit 65 Jahren auch die Einmalzahlung nehmen, wenn Sie
sie nicht sofort, sondern erst in fünf Jahren bekommen?“ Lautet die Antwort
nein, sollte der Versicherte noch einmal darüber nachdenken, ob die
Entscheidung für die Einmalzahlung wirklich die beste für ihn ist.
Wer wenig andere Einkünfte erwartet, sollte die Monatsrente
wählen
“Wer sicherheitsorientiert ist, sein angespartes Vermögen
aufbrauchen will, sich nicht viel kümmern möchte und wenig andere laufende
Renteneinkünfte erwartet, der sollte sich für die monatliche Rente entscheiden“,
rät Michael Huber vom VZ Vermögenszentrum in Frankfurt. Alle anderen sollten
die Einmalzahlung in Betracht ziehen. Hier kann der Versicherte flexibler
entscheiden, wie viel Geld er jeden Monat aufbrauchen will, und er kann sein
Vermögen selbst anlegen.
Wer sich für die Einmalzahlung entscheidet, kann einen
Auszahlplan abschließen: Er kann sich dann einen Teil seines verzinsten
Kapitals in Monatsraten überweisen lassen und die übrige Summe anlegen. Wer
schon im Ruhestand ist, hat später zudem noch die Möglichkeit, sein Vermögen in
lebenslang gezahlte monatliche Renten umzuwandeln - mit der sogenannten
„Sofortrente gegen Einmalzahlung“. Dann fallen allerdings abermals hohe
Gebühren an.
Recht auf Einmalzahlung einräumen lassen
Ob sich die einmalige Auszahlung oder die Monatsrente lohnt,
hängt auch davon ab, wie sich die Zinsen in den nächsten Jahrzehnten
entwickeln. Versicherungen legen das Geld ihrer Kunden in festverzinslichen
Papieren an. Überschüsse können die Versicherer in Zukunft nur zahlen, wenn die
Zinsen wieder steigen. Bleiben sie langfristig so niedrig wie im Moment, müssen
die Rentner mit immer geringeren Auszahlungen rechnen. Auch wenn die Inflation
steigt, haben Versicherte mit monatlicher Rente das Nachsehen, weil die
Teuerung ihr Vermögen schmälert.
Generell gilt: Rentenversicherungen sind teuer und nicht
sehr flexibel. Ist der Vertrag erst einmal abgeschlossen, wird es schwer und
teuer, wieder herauszukommen. Huber rät deshalb, bei der Wahl genau
hinzuschauen und eine wichtige Absicherung in jedem Fall einzubauen: „Wer eine
Rentenversicherung abschließt, sollte sich auf jeden Fall das Recht auf die
Einmalzahlung einräumen lassen.“
So funktioniert’s
Die Einmalzahlung
Wer nach seinem Arbeitsleben lieber viel Geld auf einmal
bekommen will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er spart sich selbst ein
Vermögen zusammen, zum Beispiel mit einem Fonds-Sparplan. Oder er schließt eine
private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ab. Bei dieser kann er sich bis
kurz vor Ende der Laufzeit offenhalten, ob er später eine monatliche Rente oder
eine Einmalzahlung will. Versäumt er allerdings die Frist, verliert er das
Recht auf Einmalzahlung.
Löst der Versicherte den Vertrag vor dem 60. Lebensjahr auf,
zahlt er auf die gesamten Zinsen eine Abgeltungssteuer von rund 26 Prozent. Wer
sich sein Geld bei Renteneintritt auf einen Schlag auszahlen lässt, muss 50
Prozent der Erträge mit seinem individuellen Satz versteuern. Davon sind
Versicherte ausgenommen, wenn sie ihren Vertrag vor dem 1. Januar 2005
abgeschlossen haben und wenn dieser mindestens zwölf Jahre lang läuft.
Die Monatsrente
Wer bis zum Lebensende eine Rente beziehen möchte, kann sein
Geld in private Rentenversicherungen, in fondsgebundene Rentenpolicen oder auch
in staatlich geförderte Produkte wie die Riester- oder die Rürup-Rente stecken.
Wie groß der Anteil der Rente ist, der besteuert wird, hängt bei der privaten
Rentenversicherung vom Eintrittsalter ab. Wer mit 65 Jahren in den Ruhestand
geht, muss 18 Prozent seiner Rente bis zum Lebensende versteuern, wer mit 67
pensioniert wird, nur 17 Prozent.
Bei der Rürup-Rente können die Beträge in der Sparphase als
Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden, dafür müssen die Rentenbezüge
später komplett versteuert werden. Das gilt auch für die Riester-Rente. Dafür
haben Sparer bei der Riester-Rente ein eingeschränktes Kapitalwahlrecht. Sie
können sich bis zu 30 Prozent sofort auszahlen und den Rest verrenten lassen.
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