Dienstag, 6. November 2012

Rente, aber richtig!

In der “Frankfurter Allgemeine“ fanden wir einen interessanten Artikel über die private Altersvorsorge.
Wer privat vorsorgt, hat später die Wahl: Entweder er erhält alles auf einen Schlag oder nach und nach als Rente. Die meisten wollen eine lebenslange Rente statt einer Einmalzahlung. Das ist nicht immer klug.


Die staatliche Rente allein reicht im Alter nicht aus, das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Viele Menschen schließen deshalb zusätzlich eine private Rentenversicherung ab. Geht man in Ruhestand, zahlt sie jeden Monat ein garantiertes Einkommen, solange man lebt. Es gibt aber noch einen zweiten, weniger bekannten Weg: Die Sparer können sich ihr ganzes Vermögen aus der privaten Rentenversicherung auch auf einen Schlag auszahlen lassen.

Test: Welcher Rententyp sind Sie?
Was besser ist, die monatliche Rente oder eine Einmalzahlung, ist gar nicht so leicht zu entscheiden. Denn es hängt von einer Frage ab, die wohl niemand beantworten kann: Wie lange werden wir leben? Menschen, die eine private Altersvorsorge abgeschlossen haben, stehen also vor einem Dilemma: Entweder sie lassen sich alles auf einen Schlag auszahlen - dann riskieren sie, dass sie mit 88 Jahren zwar noch putzmunter sind, ihr Erspartes aber schon aufgebraucht ist.

Sicherheit hat einen hohen Preis
Oder sie lassen sich die Rente monatlich auszahlen. Dann können sie zwar sicher sein, dass alle vier Wochen bis zu ihrem Tod die gleiche Geldsumme auf ihrem Konto landet - egal wie alt sie werden. Aber für diese Sicherheit zahlen die Rentner einen hohen Preis. Denn die Versicherer kalkulieren mit sehr hohen Lebenserwartungen - das drückt die monatliche Auszahlung. Kritiker sagen sogar: So alt könne man gar nicht werden, dass sich die monatliche Rente lohne. Stirbt der Rentner früh, ist das Vermögen für die Erben außerdem futsch.

Trotz solcher Nachteile war in der Forschung bislang aber unumstritten: Wer rational handelt, muss die lebenslange Rente wählen. Denn nur so können sich Menschen gegen das Risiko absichern, dass sie länger leben, als ihr Geld reicht. Wie aber verhalten sich die Sparer nun in der Praxis? Das erforscht Martin Weber, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim.

Gute Gründe für die Einmalzahlung
Exklusiv für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und Faz.net hat er gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Philipp Schreiber einen Fragebogen entwickelt, um herauszufinden, was den Versicherten wirklich lieber ist. Rund 2370 Leser dieser Zeitung nahmen im Internet an der Umfrage teil. Das Ergebnis: 42 Prozent der Teilnehmer wollen die Einmalzahlung und nur 58 Prozent die monatliche Rente.

58 Prozent bevorzugen die monatliche Rente
Heißt das, fast die Hälfte unserer Leser handelt unvernünftig? Nicht unbedingt, meint Weber. Denn schaut man sich die Daten genau an, gibt es für einige gute Gründe, die Einmalzahlung zu bevorzugen. So lassen sich Teilnehmer, die sich in Finanzthemen gut auskennen, lieber das ganze Vermögen auf einmal auszahlen. Das ist rational, denn wahrscheinlich können sie das Geld selbst gewinnbringender anlegen, als es die Rentenversicherung für sie tun würde. Eltern von zwei Kindern entscheiden sich ebenfalls öfter für den ganzen Batzen als kinderlose Paare.

Auch das lässt sich nachvollziehbar erklären: Denn wollen sie ihren Kindern ihr Vermögen vermachen, falls sie früh sterben, müssen sie die Einmalzahlung wählen. Außerdem können ihre Kinder sie im Alter finanziell unterstützen, falls das Geld wirklich aufgebraucht sein sollte.

Sich selbst auf die Schliche kommen
Vieles machen wir entlang unserer Präferenzen also durchaus richtig. Es gibt aber auch Fallstricke: Wer gerne Risiken eingeht, der möchte lieber alles auf einmal haben.

Das heißt aber nicht, dass es für ihn die richtige Entscheidung ist: Denn möglicherweise überschätzt er seine Fähigkeiten bei der Geldanlage. Glaubt jemand, dass er nicht lange lebt, möchte er ebenfalls die Einmalzahlung.

Was aber, wenn er sich irrt? Besonders ein Ergebnis hat die Mannheimer Forscher überrascht: Fast 68 Prozent der Teilnehmer bis zum Alter von 30 Jahren wollen lieber die Rente, Befragte kurz vor dem Ruhestand favorisieren aber zu 56 Prozent den großen Geldbetrag - und das, obwohl alle anderen Effekte schon herausgerechnet sind.

Weber erklärt das folgendermaßen: Für den Dreißigjährigen liegt der Ruhestand noch so weit in der Zukunft, dass er die langfristigen Vorteile der Rente stärker im Blick hat. Wer kurz vor der Rente steht, sieht nur gierig den großen Batzen und will ihn lieber sofort als später. Um sich selbst auf die Schliche zu kommen, hat Weber einen Trick parat: „Fragen Sie sich: Würden Sie heute mit 65 Jahren auch die Einmalzahlung nehmen, wenn Sie sie nicht sofort, sondern erst in fünf Jahren bekommen?“ Lautet die Antwort nein, sollte der Versicherte noch einmal darüber nachdenken, ob die Entscheidung für die Einmalzahlung wirklich die beste für ihn ist.

Wer wenig andere Einkünfte erwartet, sollte die Monatsrente wählen
“Wer sicherheitsorientiert ist, sein angespartes Vermögen aufbrauchen will, sich nicht viel kümmern möchte und wenig andere laufende Renteneinkünfte erwartet, der sollte sich für die monatliche Rente entscheiden“, rät Michael Huber vom VZ Vermögenszentrum in Frankfurt. Alle anderen sollten die Einmalzahlung in Betracht ziehen. Hier kann der Versicherte flexibler entscheiden, wie viel Geld er jeden Monat aufbrauchen will, und er kann sein Vermögen selbst anlegen.

Wer sich für die Einmalzahlung entscheidet, kann einen Auszahlplan abschließen: Er kann sich dann einen Teil seines verzinsten Kapitals in Monatsraten überweisen lassen und die übrige Summe anlegen. Wer schon im Ruhestand ist, hat später zudem noch die Möglichkeit, sein Vermögen in lebenslang gezahlte monatliche Renten umzuwandeln - mit der sogenannten „Sofortrente gegen Einmalzahlung“. Dann fallen allerdings abermals hohe Gebühren an.

Recht auf Einmalzahlung einräumen lassen
Ob sich die einmalige Auszahlung oder die Monatsrente lohnt, hängt auch davon ab, wie sich die Zinsen in den nächsten Jahrzehnten entwickeln. Versicherungen legen das Geld ihrer Kunden in festverzinslichen Papieren an. Überschüsse können die Versicherer in Zukunft nur zahlen, wenn die Zinsen wieder steigen. Bleiben sie langfristig so niedrig wie im Moment, müssen die Rentner mit immer geringeren Auszahlungen rechnen. Auch wenn die Inflation steigt, haben Versicherte mit monatlicher Rente das Nachsehen, weil die Teuerung ihr Vermögen schmälert.

Generell gilt: Rentenversicherungen sind teuer und nicht sehr flexibel. Ist der Vertrag erst einmal abgeschlossen, wird es schwer und teuer, wieder herauszukommen. Huber rät deshalb, bei der Wahl genau hinzuschauen und eine wichtige Absicherung in jedem Fall einzubauen: „Wer eine Rentenversicherung abschließt, sollte sich auf jeden Fall das Recht auf die Einmalzahlung einräumen lassen.“

So funktioniert’s

Die Einmalzahlung
Wer nach seinem Arbeitsleben lieber viel Geld auf einmal bekommen will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er spart sich selbst ein Vermögen zusammen, zum Beispiel mit einem Fonds-Sparplan. Oder er schließt eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ab. Bei dieser kann er sich bis kurz vor Ende der Laufzeit offenhalten, ob er später eine monatliche Rente oder eine Einmalzahlung will. Versäumt er allerdings die Frist, verliert er das Recht auf Einmalzahlung.
Löst der Versicherte den Vertrag vor dem 60. Lebensjahr auf, zahlt er auf die gesamten Zinsen eine Abgeltungssteuer von rund 26 Prozent. Wer sich sein Geld bei Renteneintritt auf einen Schlag auszahlen lässt, muss 50 Prozent der Erträge mit seinem individuellen Satz versteuern. Davon sind Versicherte ausgenommen, wenn sie ihren Vertrag vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen haben und wenn dieser mindestens zwölf Jahre lang läuft.

Die Monatsrente
Wer bis zum Lebensende eine Rente beziehen möchte, kann sein Geld in private Rentenversicherungen, in fondsgebundene Rentenpolicen oder auch in staatlich geförderte Produkte wie die Riester- oder die Rürup-Rente stecken. Wie groß der Anteil der Rente ist, der besteuert wird, hängt bei der privaten Rentenversicherung vom Eintrittsalter ab. Wer mit 65 Jahren in den Ruhestand geht, muss 18 Prozent seiner Rente bis zum Lebensende versteuern, wer mit 67 pensioniert wird, nur 17 Prozent.

Bei der Rürup-Rente können die Beträge in der Sparphase als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden, dafür müssen die Rentenbezüge später komplett versteuert werden. Das gilt auch für die Riester-Rente. Dafür haben Sparer bei der Riester-Rente ein eingeschränktes Kapitalwahlrecht. Sie können sich bis zu 30 Prozent sofort auszahlen und den Rest verrenten lassen.

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