
Geht es um Mümmelmannsberg,
entgleisen den meisten Hamburgern die Gesichtszüge. Lachfältchen werden
zu Sorgenfalten, Mundwinkel fangen an zu zittern und fallen nach unten.
Schnell werden dann so unqualifizierte Sätze formuliert, wie: „Da möchte ich
nicht begraben sein“, oder: „Wer da lebt, ist doch schon tot“.
Ganz im Gegensatz zu den Bürgern,
die dort wohnen. Die sagen voller Überzeugung: „Ich fühle mich hier wohl.“
Oder: „Mümmelmannsberg? Wunderbar!“ Warum sagen sie es? Weil es ihr
Quartier ist, und weil hier beispielsweise keine Autos brennen. Das ist ein
nicht zu unterschätzender finanzieller Vorteil. Zudem grenzt im Norden die
Glinder Au an Mümmelmannsberg, im Osten Havighorst mit seinen Feldern und
Wäldern und im Süden die Boberger Dünen. Alles Fußläufig innerhalb einer
viertel Stunde zu erreichen. Und deshalb folgt oft mit einem Achselzucken die
Nachfrage: „Was will der Mensch mehr?“ Die Frage ist berechtigt. Genauso
wie die Feststellung: „Wir haben hier doch alles.“
Nichts desto Trotz stand irgendwo
geschrieben, dass Mümmelmannsberg der vergessene Stadtteil Hamburgs ist, in dem es nur Aldi, Lidl und Rossmann
gibt. Wahnsinn. Selbst wenn es so wäre, würde es reichen, doch zum Glück war es
falsch recherchiert. In der Tat gibt es infrastrukturell keinen offenen
Wunsch. Ein Kino wäre vielleicht noch ganz schön, meinen einige, da aber
Mümmelmannsberg eine eigene U-Bahn-Station besitzt, mit der auch die Cineasten
bequem zum nächsten Lichtspielhaus fahren könnten, ist dieser Wunsch nicht
zwangsläufig vorherrschend. Zudem führt die B5 direkt an diesem Stadtteil
vorbei, und wenn man aufmerksam lauscht, hört man sogar die Autobahn. Die ist
mit einem Fahrzeug auch nur eine Minute entfernt. „Auf der sind wir,“ so
wurden wir aufgeklärt, „eine halbe Stunde später an der Ostsee,“ und: „Das
alles soll uns ein anderer Stadtteil erst einmal bieten.“


In diesem Zusammenhang
wurden in M-Town, wie Mümmelmannsberg auch gern genannt wird, die
Kreisverkehre neu “erfunden“, so jedenfalls Ursula Groß, Abteilungsleiterin
für integrierte Stadtentwicklung des Fachamtes für Stadt- und Landschaftsplanung.
Denn nachdem die Kandinskyallee für den Bau der U-Bahnstation komplett aufgerissen
werden musste, hatte man sich beim Neubau der Straße entschlossen, aus den
ehemaligen Kreuzungen Kreisverkehre zu erstellen.

2005 wurde Billstedt-Horn
bundesweit als größtes Stadtteilentwicklungsgebiet festgelegt. Und Mümmelmannsberg
gehört dazu. Das Leitmotiv dieses Entwicklungsraums lautet:
Billstedt-Horn, gemeinsam vorn. Aber auch: 2020 gehören Billstedt und Horn zu
Hamburgs familienfreundlichsten Stadtteilen. Hört sich prima an. Um das
aber zu realisieren, sind natürlich auch die schon genannten Wohnungsbaugesell-
und Genossenschafften gefragt. Dazu hat die SAGA/GWG beispielsweise Ende 2010
das zentrale Areal um das marode Einkaufszentrum gekauft. Nun soll es
endlich, nachdem schon diverse Besitzer diese Versprechen gegeben hatten –
wahrscheinlich hatten sie sich nur versprochen – für rund 30 Millionen Euro
saniert werden. Weitere 100 Millionen Euro werden in die “Rettung“ des Bezirks
fließen. Man kann diesbezüglich nur hoffen, dass es nicht nur kurzfristige Schönheitskorrekturen
werden, sondern echte, nachhaltige Sanierungen.

Fazit: Auffällig
ist, dass immer noch nicht alle Billstedter zu ihrem Stadtteil stehen.
Kirchsteinbeker kommen nach wie vor aus Kirchsteinbek und Öjendorfer aus
Öjendorf. Bis alle Bewohner mit Stolz sagen, dass sie aus Billstedt oder Horn
kommen, bedarf es noch einer Menge Arbeit. Von allen Seiten. Sehr viel ist
schon auf den Weg gebracht worden, die Wohnungsbaugesell- und Genossenschafften
haben viel Geld in die Hand genommen, um zu sanieren. Aber auch von Ärzten, die
gedanklich Billstedt oder Horn schon den Rücken zu kehren, weil hier zu wenig
Privatpatienten leben, wird erwartet, dass sie bleiben und helfen. Genauso
wie von den Einzelhändlern, der Industrie, groß oder klein, den Bürgern mit
Migrationshintergrund oder ohne. Ob jung oder alt. Egal. Alle müssen tätig
werden, auch die, die im Moment noch nicht zu Billstedt stehen, weil der Ruf
schlecht ist. Was aber können wir, die Bürger Billstedts und Horns tun? Groß
und global zu denken ist das eine, das sollten wir aber den Bundes-Politikern
überlassen. Der gemeine Bürger muss im Kleinen denken. Denn ganz viel Kleines
ergibt auch etwas Großes. Dabei langt es schon, wenn wir alle für den täglichen
Müll die dafür vorgesehen Behälter benutzen und nicht einfach auf die Straße
werfen. Wenn wir alle freundlicher miteinander umgehen, lächeln, wenn wir
uns begrüßen, miteinander reden, uns engagieren für jung und alt. Nicht nur in
den eigenen vier Wänden sitzen und stumpf in den Fernseher schauen. Die Augen
nach links und rechts offen halten und auch mal dem Nachbarn helfen. Dann haben
wir alle schon sehr viel gewonnen. Und das wollen wir doch, oder? In diesem
Sinne.
bunny hill forever
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