Donnerstag, 5. Juli 2012

Schicksalshafte Abschiebung



In den letzten Tagen über­holten sich die Medien praktisch gegenseitig, wenn es um die serbische Roma-Familie Racipovic aus Billstedt ging. Die Ausländerbe­hörde hatte der Familie mitgeteilt, dass ihrem Asyl­antrag nicht stattgegeben werde.

Grund für die vermehrte Berichterstattung war unter anderem die Tatsache, dass die beiden jüngeren Kinder Selenora (16) und Usko (15) von Senator Ties Rabe als Musterbeispiel für Integration ausge­zeichnet wurden. Beide hatten in kürzester Zeit ihr Deutsches Sprach-Diplom gemacht. Während der Aus­zeichnung demonstrierten Mitschüler gegen die Abschiebung ihrer Klassen­kameraden.  Zudem gab es persönliche Briefe von Parteigenossen an den Ham­burger Bürgermeister mit der Bitte, den Fall erneut der Härte­kommission vor­zulegen.
Dieses Einzelschicksal ist bitter und macht traurig, und die Chancen vor allem der Kinder dieser Familie auf ein normales Leben sinkt, weil ein Roma, so heißt es, in Serbien keine Arbeit bekommt. Fakt aber ist, dass es nach deutschem Recht für die Familie Racipovic keine Möglichkeit gibt, in Deutschland zu bleiben. Der Vater, Boban Racicpovic, der als vierjähriger zusammen mit seinen Eltern 1974 nach Deutschland emigrierte und hier seine Schul- und Lehrzeit verbrachte, ging 1988 frei­willig zurück nach Serbien und heira­tete dort seine heutige Frau Slobodan­ka. Damit verwirkte er nach deutschem Recht seine Aufenthalts­genehmigung.

Nach den Kriegswirren zwischen 1991 und 1997, die die gesamte Familie als Kriegsflüchtlinge wieder in Deutsch­land verbrachte, kehrten sie nach Serbien zurück und lebten dort 13 Jahre lang­ bis 2010. Zwischenzeitlich er­­krankte der Vater Boban an Lymph­drüsen­krebs. Da es aber für Roma-Familien in Serbien keine Kranken­versicherung gibt, musste Bobans Vater, der immer noch in Deutschland lebt, die Kosten von 9000 Euro dafür aufbringen. 2010 brach der Krebs erneut aus. Die einzige Chance auf Heilung waren deutsche Ärzte, deren Behand­lungs­methoden und die Tat­sache, dass Asy­lanten in Deutschland Krankenversichert werden. Also reiste die gesamte Familie wieder zurück nach Deutschland. Im Oktober 2011 galt er als geheilt und sollte das Land wieder verlassen. Die Ausländerbe­hörde gab der Familie aber die Mög­lichkeit, dass die beiden jüngeren Kin­der das Schuljahr noch beenden durften.

Am 20. Juli muss die Familie das Land verlassen haben. Ansonsten würde eine Zwangsausweisung in Kraft treten. Das aber soll verhindert werden, deshalb will Vater Boban schon diese Woche ausreisen. Problem ist, dass sie weder Geld noch ein Auto besitzen, um in ihre Heimat Serbien zu fahren. Hier besteht noch Handlungs­bedarf.

Dass die Gesetze hierzulande dies­bezüglich kaum juristische Kreativität zulassen, ist schade. Denn gerade in diesem Falle wäre es angebracht. Vor allem wegen der Kinder. Wir wünschen der Familie alles Gute. Mike Neschki

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