
Rund 9500 Menschen leben in diesem Bereich, also etwa viermal mehr als im Quartier Steinfurther Allee/Kaltenbergen. Doch bevor die Veränderungen der letzten Jahre angesprochen werden, vorweg einige polizeistatistische Zahlen, die ganz interessant sind, weil sie unter Umständen den schlechten Ruf der beiden Stadtteile Billstedt und Horn etwas relativieren. Diese Zahlen sagen aus, dass in Billstedt 2010 rund 9000 Straftaten begangen wurden. Das ist eine Zahl, die einen erst mal trocken schlucken lässt. Positiv ist, dass in Horn dagegen wurde “nur“ etwa die Hälfte an Straftaten gezählt wurde.

Dass die Gründe nach St. Pauli,
Altona oder St. Georg zu ziehen unter Umständen andere sind, Stichwort
Lebensqualität durch Kneipen und Restaurants sind nachvollziehbar. Vielleicht.
Weil es alle tun und weil es schick ist da zu wohnen, egal was es kostet. Ein
Schaf folgt seiner Herde ja schließlich auch.
Echte Lebensqualität findet man
aber auch in Billstedt und Horn, sofern man sie sucht. Vor allem Familien. Und genau
das ist der Punkt. Allein im Quartier Schiffbeker Berg-Legiencenter-Washingtonring
befinden sich vier Kitas. Das allein wäre schon beachtenswert, aber zusätzlich
gibt es noch weitere Angebote für Kinder. Zudem wird gerade die “Spiel- und
Freizeitfläche Steinfeldtstraße/Ihlestraße“ für rund 300.000 Euro
umgestaltet. Im Rahmen dieser Umgestaltungsaktion gab es sogar verschiedene
Beteiligungsaktionen wie beispielsweise der Kinderaktionstag in
Kooperation mit der Kita “Glückliche Kids“, bei der die vier- bis sechsjährigen
Kleinen gesagt und gezeigt haben, was sie verändert haben möchten. Erstaunlich.
Darüber hinaus gab es noch eine Elternrunde, ebenfalls in Kooperation mit der
Kita und eine öffentliche Veranstaltung mit rund 40 Teilnehmern. Im
Frühjahr, wenn alles fertig ist, soll es ein großes Fest geben. Wir sind
gespannt.

Weitere bauliche Maßnahmen sind
der Neubau der “Kinderwerkstatt, Jugendarbeit e.V.“ und die Verwalterloge
hinterm Legiencenter. In naher Zukunft wird mit der Umgestaltung der
Außenanlagen südlich und nördlich der Horner Landstraße und Billstedter
Hauptstraße begonnen. Dadurch bekommen die “Eingänge“ der beiden Stadtteile
ein völlig neues und viel freundlicheres Erscheinungsbild. Auch über Verbesserungsmaßnahmen
des Wohnumfeldes Washingtonring gibt es schon konkrete Überlegungen. Wenn
die Stadtentwickler so weiter
machen, wird Billstedt und Horn noch zu Vorzeigeobjekten der Hansestadt. Den
Status des Naherholungsgebietes durch die Boberger Dünen und dem Öjendorfer
Park haben sie ja eh schon. Es weiß nur keiner.
Ein anderes, allerdings nicht so erfreuliches Thema, sind die “Trinker“ am Bahnhof Legienstraße. „Wobei die Trinker selbst gar nicht das Problem sind,“ so Lea Frisinger von der Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft “steg“, „die sind häufig nett und hilfsbereit. Elementar und ganz konkret sind vielmehr die beengte Eingangssituation und die menschlichen Bedürfnisse.“ Tatsächlich wurde die vorhandene öffentliche Toilette am Bahnhof Legienstraße, aus welchen Gründen auch immer, geschlossen. Entsprechend werden Büsche und Hecken rings um den Eingang des Bahnhofes als Urinale missbraucht. Das ist natürlich nicht nur verboten sondern auch nicht angenehm für die Anwohner. Jetzt überlegt das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung, wie dieses Problem gelöst werden kann. Zu diesen Überlegungen gehört auch, dass über einen zweiten Eingang zu der U-Bahnstation „Legienstraße“ nachgedacht wird. Substantielle Aussagen dazu gibt es allerdings noch keine, aber auch da bleiben wir dran.
Ein ganz spezielles Thema ist das
Legiencenter, auch Bunker genannt. Um es kurz zusammenzufassen. Dieser
Gebäudekomplex verfügt über 151 Wohnungen, in denen viele Kinderreiche
Familien mit geringem Einkommen und/oder Migrationshintergrund oder -Erfahrung
leben. Drogenkonsum und weitere kriminelle Handlungen in den Eingangsbereichen
gehören mehr oder weniger zur Tagesordnung. Von daher gestalten sich auch die
Neuvermietungen als äußerst schwierig. Doch das primäre Problem sind die
Kinder. Die gilt es zu erreichen. Auf der Straßenabgewandten Seite des
“Bunkers“ gibt es nämlich genügend Freiflächen, auf denen eine gemeinsame
Spielkultur entwickelt werden kann und schon entwickelt wurde. Neben der
Bewegungsförderung soll dadurch vor allem auch die sozialen Kompetenzen zusammen
mit den Eltern gefördert werden. Gemeinsam mit den Kindern wurden schon neue
Spiele entwickelt, die kulturübergreifend – es leben hier Menschen aus zehn
verschiedene Kulturkreisen auf engstem Raum – eine Spielsprache sprechen.
Seit
August gibt es einen “Laubfrosch“, das ist ein grüner Material-Container, um
darin Bewegungs- und Spielmaterial zu lagern, um diese zu verschiedenen
Terminen anbieten zu können. Neben den Spieltätigkeiten werden rund um das
Legiencenter auch immer wieder Aktivitäten mit partizipativen Anspruch
angeboten. Die Jugendlichen können sich zusammen mit den Eltern aktiv an der
Gestaltung und Erhaltung ihres Platzes beteiligen. So wurden schon Grünflächen
angelegt, Zäune repariert oder Betonwände gesäubert.

Wenn es die Behörde jetzt noch
verstehen würde, dass in einer Kinderreichen Gegend wie Billstedt und
Horn Spielhallen so nötig sind wie
ein Kropf, würden sie nicht nur neue Spielhallen nicht bauen, sondern auch die
schon bestehenden Spielhallen entfernen lassen. Das wäre unter all den aufgezählten
positiven Veränderungen eine echte Maßnahme und würde das Gesamterscheinungsbild
der Stadtteile richtig abrunden, weil damit ein fettes Ausrufezeichen gesetzt
werden würde. Und es wäre enorm wichtig für die Halbwüchsigen, denen wir
Erwachsene sollen ja schließlich Vorbild sein sollen. Das wird leider auch
immer wieder gern vergessen.
Es gibt noch viel zu tun, aber
schön ist es zu sehen, dass in diesem Bezirk viel bewegt wird. Auch von der
Bevölkerung. Und das sollen andere erst einmal nachmachen. Mike Neschki
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