Mittwoch, 12. Dezember 2012

Weitere Asylbewerber und Wohnungslose nach Billstedt?

 „Billstedt braucht eine bessere Durchmischung!“ Diese Worte sowohl von Michael Mathe, Amtsleiter des Fachamts Stadt- und Landschafts­planung als auch von Andy Grothe, Be­zirksamtchef Hamburg Mitte, die während der Podiums­diskussion auf dem Forum Billstedt Horn fielen, stehen seit dem 26. November wie in Stein gemeißelt in den Notizblöcken interessierter Zuhörer. Aus diesem Grund wurde die Fläche der stillgelegten Schule am Oststeinbeker Weg zum Baugrund­stück für Reihen- und Mehrfa­milienhäuser erklärt, deren Baubeginn zügig vorangetrieben werden soll. Doch am 27. November war diese Aussage Makulatur. Da heißt es auf einmal in einer Presseerklärung, dass der Hamburger Senat mehr Plätze für Flüchtlinge und Wohnungslose braucht.


Sozialsenator Detlef Scheele äußerte sich dazu wie folgt: „Jeder Bezirk ist gefordert! Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, werden wir es schaffen. Das ist eine Pflicht und keine Kür.“

„Problem ist nur,“ so Michael Baumert, Mitglied im Vorstand der BilleKidz, „dass dabei einfachheitshal­ber unter anderem wieder an Billstedt gedacht wurde,“ erzählte er uns nicht ganz unaufgeregt. „Das hatte in der Vergangenheit ja im­mer prima funktioniert. Aber so geht es nicht weiter. Billstedt kann nicht noch mehr Asylsuchende und Woh­nungslose aufnehmen. Die Balance stimmt dann einfach nicht mehr. Rund 1000 sind mehr als genug.“

Die Frage, die sich nicht nur die vielen Teil­nehmer des Forums Billstedt Horn einen Tag nach Bekanntgabe stellte, war: Wieso wussten am Montag die Protagonisten auf dem Podium noch nichts davon, obwohl Volker Schiek, Staatsrat der Behörde sagte, dass „durch die intensiven Bemühungen der vergangenen Wochen und das große Engagement aller Beteilig­ten es gelungen ist, zügig neue Kapazitäten für die Erstaufnahme von Asylbewerbern in der Stadt zu schaffen.“



Mit Kapazitäten ist gemeint, 300 Menschen in der Schnackenburg­allee unterzubringen, 300 in der Bergedorfer Rothenhaus­chaussee und weitere 100 Men­schen im Sandwisch, 180 Hilfesuchende im Industriegebiet Offa­kamp, in Hamburg Nord insgesamt 300, Harburg und Wandsbek sind auch nicht vergessen worden und rund 70 Menschen sollen in Billstedt, genau in die stillgelegten Schule Ost­stein­beker Weg, für die nächsten fünf Jahre untergebracht werden.


„Wahrschein­lich ist nicht ein einziger Gedanke an die besser situierten Stadtteile wie Harvestehude, Blankenese oder Flottbek verschwendet worden,“ so noch einmal Michael Baumert.“

Fakt ist, das in den letzten elf Jahren die Plätze für die Unterbringung hilfesuchender Menschen von knapp 20.000 auf rund 8.000 Plätze reduziert wurden. Seit Juli 2012 hat sich aber die Zahl der Asyl suchenden Menschen wieder um mehr als 50 Prozent erhöht. Von Daher ist es verständlich, dass schnell Unter­bringungsmöglichkeiten gefunden werden müssen.

Die Bürger Billstedts aber sind erbost. Nicht weil neue Asylanten in Billstedt untergebracht werden sollen, son­dern weil, wie in diesem Falle, wieder nur an die Stadtteile gedacht wurde, an die sonst niemand denkt. Wenn es aber darum geht, „Unangenehmes“ unterbringen zu müssen, dann Stadtteile wie Billstedt ganz weit vorne stehen. „Billstedt hat mit dem Mattkamp und dem Billstieg ge­zeigt, dass Asylanten willkom­men sind, noch mehr würde die soziale Struktur in ein Ungleich­gewicht bringen,“ so Bernd Ohde von der Billstedter FDP.



Nun hat die Billstedter SPD einen Antrag gestellt, der von fast allen Parteien abgesegnet wurde. Darin wird unter anderem gebeten, dass die Fläche am Oststeinbeker Weg 29 / Möllner Landstr. 180 weiterhin als Fläche für den Bau von Wohnungen gesehen wird. Zudem wird gebeten, dass die zuständigen Fachbehörden nach weiteren möglichen Unterbringungen suchen sollen, die die Einwohnerzahl der Bezirke berücksichtigen. Die nach dem Sozialmonitoring bedeutend besser gestellten Bezirke nehmen nämlich nur ein Viertel der Hilfesuchenden im Verhältnis zum Bezirk Hamburg-Mitte bei sich auf. Womit man wieder bei Sozialsenator Detlef Scheele wäre: Jeder Bezirk ist gefragt! Wenn aber jeder Stadtteil positiv auf  Hilfe bedürftige Menschen reagieren würde, würden wirklich alle an einem Strang ziehen.









1 Kommentar:

  1. Mir ist es wichtig, dass mein Kommentar vollständig zu lesen ist. So ist er auch ans Wochenblatt übermittelt worden.

    Uwe Böhm

    Entscheidend ist, in dieser Debatte jeglicher Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einen Riegel vorzuschieben. Ich möchte die Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, mit offenen Armen empfangen, um Ihnen auch dabei zu helfen, hier ein gutes Leben zu führen, aber das können wir hier in Billstedt leider nicht leisten, denn gäbe es wirklich ein moralisch unterfüttertes politisches Interesse, sich um diese Menschen wirklich zu kümmern, dann gäbe es die menschenunwürdigen Zustände im Billsteig und der Flüchtlingsunterkunft Mattkamp schon lange nicht mehr. In Billstedt können wir bei diesem Thema eigentlich nur verlieren, denn wenn wir uns gegen die Unterbringung wehren würden, dann wird man uns als rassistisch geprägte Egoisten darstellen, die die Grundlage der Humanität verlassen haben.
    Und wenn die Asylbewerber nach Billstedt kommen sollten, dann werden wir wieder erleben müssen, wie Menschen in einer Sammelunterkunft in Perspektivlosigkeit vegetieren. Ein paar Ehrenamtliche werden sich aufreiben, um den berühmten Tropfen auf den heißen Stein zu gießen. Die Politik betreibt hier ein "Schweinespiel". Wir sollten nicht in diese Falle tappen.

    Uwe Böhm

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